Agronordwest Robotik

Begleitsaaten in Winterraps: Praxistauglich?

von Tobias Jorissen, Silke Becker, Stephan Künne und Guido Recke, Hochschule Osnabrück

Die Gestaltung der Landwirtschaft ist im europäischen Green Deal ein wesentlicher Bestandteil. Das Ziel ist der Übergang zu einer wettbewerbsgerechten Nachhaltigkeit, mit einer Verkleinerung des ökologischen und klimatischen Fußabdruckes. Der Anbau von Begleitsaaten im Winterraps bietet die Möglichkeit, den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln zu reduzieren und damit Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen. Im Rahmen des Bundesverbundprojektes Agro-Nordwest, dem Experimentierfeld zur digitalen Transformation im Pflanzenbau, fand in Zusammenarbeit mit Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis ein Versuch zum Einsatz von Begleitsaaten im Winterraps statt. Erste Ergebnisse deuten auf eine erhöhte Wirtschaftlichkeit hin, bei Reduktion von Treibhausgasemissionen.

Im niedersächsischen Experimentierfeld Agro-Nordwest führte ein Team der Hochschule Osnabrück, dem Veredelungsbetrieb Stephan Künne und dem Landtechnikunternehmen Amazone, erstmalig im Bewirtschaftungsjahr 2020/21, einen Praxisversuch zur Etablierung von Begleitsaaten im Winterraps durch. Ziel des Versuchs war der Gewinn praxisnaher Erfahrungen zur ökonomischen und ökologischen Tragfähigkeit des innovativen Planzenbausystems. Der Versuch fand auf einer betriebsnahen 13,4 ha großen Fläche mit 45 Bodenpunkten (lehmiger Sand) in der Gemeinde Eggermühlen statt. Begründet wurden die Versuchsvarianten im Schlag streifenförmig, der Arbeitsbreite der betriebseigenen Planzenschutzspritze von 27 m angepasst.

Im Praxisversuch gab es drei Varianten: a) Betriebsüblich, b) Begleitsaat und c) Begleitsaat/Düngemittelreduktion. Weiterhin wurden die drei deinierten Varianten jeweils als Mulchsaat und vorherigen Plugeinsatz etabliert. In der betriebsüblichen Variante erfolgte die Rapsaussaat mit der Sorte Smaragd (2,7 kg/ha) mit Kreiselegge und Drillmaschine. Bei den zwei Begleitsaatvarianten erfolgte die Aussaat mit der Anhängesäkombination Cirrus 6003–2CC der Firma Amazone. Hierbei wurden zeitgleich mit der Rapsaussaat nachfolgende Begleitsaaten gesät: Ackerbohne (80 kg/ha), Buchweizen (5 kg/ha), Öllein (1 kg/ha), Phacelia (0,5 kg/ha) und Weißklee (2 kg/ha).

Unkrautvorkommen und Ertragsentwicklung

Nach Beginn der Begründung des Praxisversuches erfolgte die Kontrolle des Rapserdlohs mit Gelbschalen. Erste planzenspeziische Messungen im Winter 2020/21 zeigten beim Winterraps zwischen den Begleitsaatvarianten im Vergleich zur betriebsüblichen Variante einen Rückgang hinsichtlich der Biomasse von ca. 43 % und der Planzenanzahl von ca. 19 %. Hauptgrund war der vergleichsweise milde Winter und der spät einsetzende, erstmals stärkere Frost Anfang Januar, der notwendig zum Absterben der Begleitsaaten war.

Tendenziell war bei den Begleitsaatvarianten ein höherer Druck an Vogelmiere auszumachen. Die verzögerte Entwicklung des Winterrapses in den Begleitsaaten und die damit einhergehende spätere Blüte erwies sich im späteren Vegetationsverlauf als vorteilhaft. Ein leichter Spätfrost im April wirkte schädlicher auf die früher stehenden Blüten des Winterrapses im betriebsüblichen Bereich. Trotz Verwendung von Gelbschalen und Feldbegehungen konnte ein Schadbefall durch den Rapserdloh nicht vermieden werden. Eine exakte Erfassung des Schadbefalls bezüglich der Fragestellung, ob dieser in den Begleitsaatvarianten geringer ausiel, ist nicht vollzogen worden.

Zur Ernte Ende Juli waren sowohl in den Begleitsaatvarianten als auch im betriebsüblichen Bereich Rapsschoten und Samen gleichermaßen ausgereift. Unterschiede zeigten sich bei der Bodenbedeckung und den Rapsstängeln. Im Bodenbereich der Begleitsaatvarianten etablierte sich allmählich eine Schicht Weißklee. Weiterhin waren die Rapsstängel in den Begleitsaatvarianten zum Zeitpunkt des Rapsdruschs weniger stark abgereift. Die Ertragsmessungen erfolgten mittels Kerndrusch bei der Ernte mit einer Schneidwerkbreite des Mähdreschers von 7,5 m. Die ermittelten Hektarerträge wurden um einen Faktor von 0,15 nach unten korrigiert, um z. B. Randeffekte oder fehlende Fahrgassen beim Kerndrusch auszugleichen. Sowohl bei der Mulchsaat als auch beim Pflugeinsatz wurden die höchsten Erträge bei den Begleitsaaten erzielt (Tabelle). Gründe könnten die zusätzliche Düngewirkung der Begleitsaaten oder der unterschiedlich stark wirkende Spätfrost im April sein. Eine Reduktion der Düngemenge bei den Begleitsaatvarianten führte zu einem erkennbaren Rückgang des Ertragsniveaus. Hinsichtlich des Öl- und Wassergehaltes waren zwischen den Varianten keine wesentlichen Unterschiede erkennbar.

Betriebswirtschaftliche Einschätzung

Eine Einschätzung der Wirtschaftlichkeit erfolgt auf Basis der Direkt- und arbeitserledigungskostenfreien Leistungen. Diese errechnen sich aus den Leistungen beim Verkauf der Rapssamen, abzüglich der Kosten für Saatgut, Planzenschutzmittel, Düngemittel, Maschineneinsatz, Diesel und Arbeitszeit. Die Kostendaten zu den Betriebsmitteln sind im Wesentlichen betriebsspeziisch erfasst worden. Daten zum Maschineneinsatz basieren hauptsächlich auf Standardwerten und Herstellerangaben.

Die höheren Direkt- und arbeitserledigungskostenfreien Leistungen werden zum einen bei den Varianten mit Mulchsaat und zum anderen bei den Begleitsaaten erzielt (Abb. 2). Ursächlich sind hierfür die leicht höheren Hektarerträge und die geringeren Kosten bei Betriebsmitteln und beim Maschineneinsatz. Die reduzierten Kosten bei der Bewirtschaftung der Begleitsaaten ergaben sich durch eine Reduktion der Planzenschutzmittelmaßnahmen in Summe von 110 €/ha. Eine Kostenerhöhung bei den Begleitsaaten fand durch den Einsatz der Anhängesäkombination Cirrus und den Aufwand für die Begleitsaatmischung statt. Für den Praxisversuch betrugen die Arbeitserledigungskosten für die Aussaat 122 €/ha und die Begleitsaatkosten 50 €. Im Vergleich dazu betrugen die Arbeitserledigungskosten für die Aussaat von Winterraps mit Kreiselegge und Drillmaschine 90 €/ha. Eine Reduktion der Düngemittelmenge bei den Begleitsaaten führte zwar zu einer Reduktion der Kosten um 58 €/ha, senkte aber auch den Hektarertrag beim Winterraps und damit die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens

Einschätzungen zum klimatischen Fußabdruck

Für einen Vergleich des klimatischen Fußabdrucks zwischen den Varianten wurden die lächen- und produktbezogenen Treibhausgasemissionen bilanziert (Abb. 3). Erfasst wurden bei den lächenbezogenen Treibhausgasemissionen die Bereitstellung und der Verbrauch von Betriebsmitteln wie Diesel und Mineraldünger als auch der Maschinenverschleiß. Weitere wesentliche Emissionsquellen sind Lachgasemissionen aus dem Boden und eine Veränderung des Bodenkohlenstoffs. Die produktbezogenen Treibhausgasemissionen sind der Quotient aus den flächenbezogenen Treibhausgasemissionen und dem Hektarertrag. Da für den Praxisversuch keine Emissionsmessungen stattfanden, basieren die Ergebnisse der Treibhausgasbilanz im Wesentlichen auf Standardwerten, betriebsspeziischen Annahmen und den Biomassemessungen im Winter 2020/21. Bei Betrachtung der kalkulierten flächenbezogenen Treibhausgasemissionen wird ersichtlich, dass bei gegebenen Modellannahmen der klimatische Fußabdruck durch den Einsatz von Begleitsaaten im Winterrapsanbau deutlich gesenkt werden kann. Einen großen Einluss hierbei haben vor allem das Kohlenstoffmanagement (Humusaufbau) und die Stickstoffumsetzung (Lachgasemissionen) im Boden. Im Rahmen der durchgeführten Modellkalkulationen kann die Efizienz der Stickstoffumsetzung im Praxisversuch anhand der produktbezogenen Treibhausgasemission interpretiert werden. Die produktbezogenen Treibhausgasemissionen sinken bei höheren Hektarerträgen, die wiederum ein Indikator für eine efiziente Stickstoffumsetzung sein können. Im Weiteren können die produkt- sowie lächenbezogenen Treibhausgasemissionen weiter gesenkt werden, wenn der Einsatz von mineralischen Düngemitteln reduziert wird. Die Produktion von mineralischen Stickstoff-Düngemitteln ist vergleichsweise energieintensiv, gegeben durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Die ersten praxisnahen Erfahrungen beim Anbau von Begleitsaaten im Winterraps auf dem landwirtschaftlichen Betrieb Künne im Rahmen des Experimentierfelds Agro-Nordwest verdeutlichen mögliche Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen des Verfahrens. Die Stärken des Anbaus von Begleitsaaten zeigten sich vor allem im geringeren klimatischen Fußabdruck. Schwächen liegen vor allem im erhöhten Managementaufwand wie z. B. Bonituren mittels Gelbschalen, wenn Planzenschutzmittel reduziert werden sollen. Da das zeitnahe frühe Absterben der Begleitsaaten im Winter zur Etablierung des Winterrapses nötig ist, ergibt sich ein erhöhtes Witterungsrisiko. Milde Winter oder späte Fröste können zu einem verspäteten oder aussetzenden Absterben der Begleitsaaten führen und die Vitalität des Winterrapses beinträchtigen. Ökonomische Chancen beim Begleitsaatanbau ergeben sich, wenn Planzenschutz- und Düngemittelkosten eingespart werden können. Hier zeigte der Praxisversuch ein erstes, vorsichtiges, positives Resultat. Dieser ökonomische Erfolg ist aufgrund des praxisnahen Versuchsaufbaus und -durchführung sowie dem einzelnen Versuchsjahr nur sehr leicht aussagekräftig. Im Zuge dessen ist im Experimentierfeld für das Bewirtschaftungsjahr 2021/22 ein weiterer Praxisversuch angelegt.